Das Ziel: Die Knochenmarktransplantation

Bei Leukämie und Lymphomen sind es entweder die eigenen pluripotenten Blutstammzellen oder deren Kinder, im Falle der Lymphome Vorläuferzellen, die verrücktspielen. Sie und ihre Kinder müssen restlos ausgerottet werden. Durch Chemos und radioaktive Bestrahlung werden diese Zellen restlos vernichtet. Das kann ein Mensch aber nur wenige Tage, oftmals verlängert durch Beigaben von Spenderblut, überleben. Deshalb muss die Patientin oder der Patient nun Stammzellen zurück bekommen. In einigen Fällen, wo der Fehler nicht bei den Stammzellen liegt, kann eine sogenannte autologe Stammzellenrückübertragung genügen. Man treibt durch Chemie die Stammzellen aus dem Knochenmark aus, so dass sie im Blut schwimmen. Dort werden sie ausgespült in eine Maschine, die so ähnlich funktioniert, wie die Blutwäsche bei Nierenkranken. Nach etwa drei bis vier Stunden sind hoffentlich genügend Stammzellen gesammelt, diese werden untersucht und dann eingefroren. Dabei werden sie mit Glykol geschützt, ein handelsübliches Frostschutzmittel für Automobilkühler. Bei der Rückgabe stinkt es dann tagelang nach den Ausdünstungen dieses Glykols. Es riecht nach Benzin, was der Patient bald nicht mehr merkt und alles Essbare schmeckt nach Tomaten-Fertigsuppen.
Ähnlich läuft es bei der Fremdspende ab, der autogenen Transplantation. Diese muss gemacht werden´, wenn der Tumor nicht vollständig entfernt werden konnte, also Restbestände neuen Krebs entstehen lassen würden oder wenn die eigenen Stammzellen nicht mehr funktionieren. Bei jeder Transplantation gibt es Abstoßungsreaktionen, die auch die Hauptursache dafür sind, dass es schief gehen kann. Oft werden die Haut, das Herz, Leber und Nieren angegriffen. Es gibt aber auch gewünschte Reaktionen: Abgestoßen werden vor allem und zuerst das fremde Blut und fremde Lymphe. Die Krebszellen sind im Falle der Leukämie ja Blutzellen, die Lymphome Lymphe. Beides wird, vorausgesetzt es handelt sich nicht um zu große Reste, durch das neue Blut abgestoßen.In der Zeit des Niedergangs des eigenen Blutes und des Anwachsens der neuen Stammzellen und der genügenden Produktion der verschiedenen Blut- und Lymphbestandteile besteht hohes Infektrisiko, daher gibt es vor allem bei der autogenen Transplantation fast absolute Isolation und auch nachher ist man für bis zu einem Jahr zu Hause isoliert.



Selbsthilfe und Patientenkongresse

Am 20./21.6. fährt Anna zu meiner Schwester nach Berlin. Sie teilen sich auf und gehen in die Vorträge auf dem Patienten-Kongress. Dort lernen sie die wichtigsten Päpste der Lymphome kennen und schätzen. Sind wirklich tolle Leute, die wohl alle jede Nacht in der Klinik verbringen. Zu ihnen gehört Prof. Dreyling aus München als Koordinator der europäischen MCL-Studie, unser Prof. Dührsen, Prof. Scholz aus der Charité, die aber nicht an der Studie teilnehmen durfte…


Am 26. September besuchen Anna und ich einen kleineren Patientenkongress in Dortmund, bei dem auch meine Ärztin, Enser-Weiss und die Lichtgestalten aus Essen, Prof. Dührsen und Prof. Beelen sprechen.

Auf den Kongressen wird auch dargestellt, wie viel sich gerade tut bei den Mantelzellen. Man unterteilt nun wohl nach der WHO in drei Kohorten: Die Classical MCL, die Blastoide (zellteilige) Form und die Pleomarphic Form. Gemeinsam ist ihnen die Vertauschung der Gene CD 29 und CD 5 und der Translokation der CD 11 und 14. Die Formen gehen selten in eine der anderen über.

Ein großes Problem ist, das Rituzimab und andere Nachfolgermittelchen z.T. in den USA oder Europa, aber noch nicht in Deutschland zugelassen sind. Das führt dazu, dass die Kassen (auch private) Rituzimab einfach verweigern. Ein Skandal, den die Ärzte aushalten müssen, nicht immer schaffen sie es. Manche Patienten reisen durch die halbe Republik.

Die NHL gibt u.a. noch folgende Ratschläge mit auf den Weg:
  • Protokolle der Ärzte verlangen,
  • Jede/r hat einen Anspruch auf eine Zweitmeinung, dies muss die Kasse zahlen,
  • Antrag auf Schwerbehinderung möglichst schnell stellen,
  • Fahrtkosten zu Chemos, selbst mit Taxi übernimmt die Kasse
  • Man sollte unbedingt zusätzliche Diagnosen von Neurologen einholen .

Wie wirken die Chemos? Ausgereifte Zellen teilen sich nur selten, Krebszellen aber ständig, leider auch Haarzellen, Schleimhäute des Mundes und des gesamten Verdauungstraktes. Chromosomen kann man aber nur sehen und erkennen im Zeitpunkt der Zellteilung. Genau dann können die Gifte, übrigens auch die radioaktive Bestrahlung wirksam eingesetzt werden. Also gilt das Motto: Viel hilft viel, trifft aber immer nur die Zellen im Moment ihrer Teilung. Deshalb dauert jede Chemo, jede Bestrahlung mindestens einen Zellteilungszyklus lang, um möglichst viele Zellen zu erwischen.

Auf jedem Patientenkongress und in jeder der vielen Selbsthilfegruppen steht das im Vordergrund, was die Familien zu Hause tun können. Zu diesen Tipps und Tricks habe ich einen kleinen Kasten angebracht, wo einiges zusammengefasst ist, mehr…